Eine der Traditionen in der Freeridefactory ist sicherlich die gemeinsame Ausfahrt in milden südlichen Gefilden Ende Oktober. Letztes Jahr hat uns das Wetter einen dicken Strich durch unsere Planungen gezogen, was uns 2019 jedoch nicht davon abhielt es nochmals zu versuchen. So haben sich Mittwochnachmittags 8 motivierte Factoryfreerider und eine lächelnde Factoryfreeriderin getroffen um gemeinsam zum „Mare e Monti“ in unsere Lieblings-Mountainbike-Nation mit dem Vereinsbus zu fahren.
31.10.2019 – Tag 1: Warm Up
Nach 7,5 Stunden Autofahrt mit unzähligen Toilettenpausen am Vortag, ging es am ersten Tag gemütlich mit leckerem Frühstück im Bauch und bester Stimmung im Bus den Berg hinaus. Schnell umhüllte den Vereinsbus eine dichte Nebeldecke, durch die das Tageslicht nur spärlich durchdringen konnte. Der Moment in dem der Motor verstummte und uns allen das unmittelbare Öffnen der Türen ankündigte ist für den einen oder anderen Comfort-Biker Grund genug gewesen sich sofort als Shuttle-Fahrer freiwillig zu melden. Die Diskussion hat sich jedoch schnell gelegt und so montierten acht Biker wie gewohnt ihre Vorderräder und checkten nochmals den Reifendruck.
Angetrieben von der feuchten Kälte kurbelten wir schleunigst in Richtung Trail-Einstieg, der etwas oberhalb vom Drop-Off lag – zum Glück, denn so wurde jeder der noch nicht „on Fire“ auf die erste Abfahrt gewesen ist nochmals warm.
Holprig stolpernd in Schrittgeschwindigkeit ging es dann nach ein paar Minuten Kurbeln bergab. Der Nebel schenkte uns dazu ein wenig Feuchtigkeit aus der Luft, die sich nicht nur auf unsere Bikes aber auch die Steine unter ihren Reifen absetzte. So flutschte das eine oder andere Mal beide Reifen etwas zur Seite. Ein paar wenige von uns lies das unbeeindruckt und so dauerte es keine zwei Minuten, bis der erste Ruf „Platter Reifen“ von oben aus dem Nebel schallte. Der grüne Intense-Fahrer kam kurz hinunter zum Rest der Gruppe, um seine Kapitulation für die erste Abfahrt zu verkünden: Diagnose „aufgeschlitzter Reifen“ lies ihn den Entschluss fassen sich direkt vom Fahrer am Drop-Off wieder einsammeln zu lassen, um mit ihm nach unten zu fahren. Der eine oder andere in der Gruppe mutmaßte dann schon, ob er nicht einfach nur Bus fahren wollte.
Irgendwann im Laufe der Abfahrt lichtete sich die Sicht und gab uns freien Blick von den „Monti“ hinunter zum „Mare“. Trotz leichter Bewölkung eröffnete sich uns ein beeindruckendes Panorama. Auch der Trail bergab raubte uns den Atem, denn technisch und steil verlangte er einiges ab, um im Freeridefactory-Stolper-Flow mit Spaß den Berg hinunter zu tanzen.
Die letzten Trailabschnitte zeigten uns dann sehr eindrucksvoll, welche Gewalten letztes Jahr in der Gegend um Genua herum geherrscht haben und diverse Wege unterspült, ausgespült oder sogar ganze Brücken weggespült haben. So standen auch das Klettern und Anreichen der Bikes in der Menschenkette wieder auf der Speisekarte dieser ersten Abfahrt.
Unten angekommen empfing uns das Shuttle-Fahrerteam mit frischen Kinder-Riegeln und Spezi, um während der Auffahrt wieder ein wenig munter zu werden. Oben am Drop-Off präsentierte sich erneut das kanadische feucht-kalte Nebelflair, sodass wir uns mehr oder weniger einstimmig auf eine Kaffee-Einkehr bei dem direkt angrenzenden Rifugio verständigten.
Vor den großen Augen des Hüttenwirts, der sicherlich von den Farben unserer Bikes beeindruckt war, kurbelten wir nochmals zum vorherigen Traileinstieg. Diesmal jedoch orientierten wir uns mehr auf die rechte Talseite des Tobels. Dieser Trail entpuppte sich ebenso holprig, wenn auch etwas flacher als der Vorherige. Im Großen und Ganzen war jedoch der Charakter sehr ähnlich ebenso wie das Panorama, das sich uns unterhalb der Nebeldecke präsentierte. Lediglich der direkte Blick auf unser Hotel im letzten Trailabschnitt erschien uns neu. Mit jedem Tiefemeter konnten wir hier auch etwas mehr die Finger von unseren Bremsen lösen, auch wenn einige Absätze oft genug das behutsame Ziehen am Lenker erforderten. Im Ortangekommen, suchten zwei der Mannschaft den direkten Weg ins Meer, das sich mit 20 Grad durchaus angenehm empfinden lassen konnte. Mit dem Rest ging es dann zum standesgemäßen Tagesabschluss in einer der Bars. Dort kamen wir mit einem englischsprachigen Einheimischen kurz ins Gespräch der sehr erfreut über unser Vorhaben in seinem Heimatdorf zeigte. Es stellte sich im weiteren Verlauf auch heraus, dass dieser Biker kein Niemand ist, sondern bereits weltweit mit dem Bike für Aufsehen so auch mehrmals bei der Redbull Rampage gesorgt hatte.
Den Abend ließen wir gemütlich bei Pasta und Wein in einer kleinen Osteria ausklingen
Tag 2: 01.11.2019 – Tag 2: Sonne pur
Der Freitag kündigte sich mit Sonne pur als einer der besten an, sodass wir voller Erwartungen etwas früher bereits die unzälhigen Kurven bergauf fuhren. Doch weiter oben blieben diese Erwartungen zunächst beim Blick aus dem Fenster zurück, denn es erwartete uns nahezu eine identische neblige Aussicht wie am Vortag. Dies änderte jedoch nichts an unserer Motivation voller Elan aus dem Bus zu hüpfen und sich auf den etwas längeren Weg zum Traileinstieg zu begeben. Im dichten Nebel mit unangenehmem Seitenwind hielten wir schließlich irgendwann im gefühlten Nirgendwo an, wo es dann links hinabgehen sollte. Mit etwas Phantasie erkannte man eine Spur, die sich durchs feuchte Gras hinab schlängelte. Mit offenen Bremsen folgten wir den weiten Linien und wurden hin und wieder mit Wegrutschen der Reifen an den feuchten Untergrund erinnert. Anders wie am Vortag dauerte es keine 30 Tiefenmeter und die Sonne blinzelte uns durch die Nebelschwaden entgegen. Auch der Charakter des Weges war weniger holprig und etwas sanfter als am Vortag. Umso breiter war das Grinsen nach dieser Abfahrt bei allen Bikern unten am Vereinsbus.
Höchst motiviert ging es dann auch wieder hinauf in die verbleibenden Nebelschwaden. Dort angekommen pedalierten wir diesmal noch ein wenig weiter, wie zuvor, um den benachbarten Bergrücken auf einem Trail, der seinen Kamm folgt zu befahren. Dieser stellte sich im oberen Teil als ein wahres Sahnestück heraus: Spitzkehren, Steilpassagen, griffiger Untergrund, keine Spuren von ausgespülten Rinnen. Wir waren im siebten Trailhimmel. Doch so sehr wie wir uns auch über den oberen Teil gefreut haben ernüchterte uns der untere Teil: stark zugewachsen, teilweise heftig ausgespült und somit größtenteils nur neben dem Bike zu bezwingen. Nach 20 Minuten demütigem Abstieg trafen wir auf den verbleibenden Weg, der uns direkt am Hotel ausspuckte.
Dort ließen wir nochmals bei importierten Bayrischem Bier und Champagne den Tag ausklingen und feierten uns mit unserer Gesundheit. Abends erwartete uns ein gedeckter Tisch für 9 Personen bei unserer Lieblingspizzeria, wo wir unsere Fantasie beim kreieren unserer eignen Pizza freien Lauf lassen konnten.
Tag 3: 02.11.2019 – Tag 3: Selbst tritt der Mann (und die Frau)
Der Wetterbericht kündigte Dauerregen und lebhaften Wind für unseren dritten Tag an. Beim morgendlichen Blick aus dem Frühstücksraum schien dies zunächst auch so einzutreffen. Bekanntlich ist man an der Küste mit etwas Geduld immer gut beraten. So konnten wir am frühen Nachmittag trotz der schlechten Vorhersage bei nahezu vollständig abgetrocknetem Untergrund doch noch mit unseren Bikes starten. Für ein wenig Abwechslung beschlossen wir aus eigener Kraft uns die nötige Höhenenergie zu erarbeiten und kurbelten circa zwei Stunden lang den Berg auf Schotterwegen hinauf. Am Sattel angekommen, den wir schon von den Vortagen kannten, lud uns leider weder eine gemütliche Hütte noch das windige, aber trockene Wetter zum langen Verweilen ein. Zudem merkte man langsam, wie die Dämmerung einsetzte und der Blick auf die Uhr bestätigte unsere Vermutung, dass es in einer Stunde etwas finster sein wird. Daher ging es etwas zügiger als sonst hinab in Richtung Meer. Der obere Teil gestaltete sich zunächst sehr schwierig, zumal die nassen Steine vom Vormittagsregen uns selten Grip schenkten. Weiter unten ging es schon besser und somit konnte man auch annähernd flüssig wie gewohnt fahren. Hier kam aber die zunehmende Dunkelheit ins Spiel, was uns aber nur weiter antrieb bergab zu kommen. Kurz vor dem Ortseingang war es dann tatsächlich finster, was aber dank der Straßenbeleuchtung keine weiteren Schwierigkeiten mehr darstellte.
Da der Wetterbericht für den kommenden und aber auch schon letzten Tag noch größere Regenmengen als an diesem Tag ankündigte, beschlossen wir einstimmig unsere Rückreise nach Bayern vorzuziehen und somit unsere „Mare e Monti“ Bike-Ausfahrt mit bayrischem Tee feierlich zu besiegeln.
Die Rückfahrt lies trotz langer Strecke und diversen anderen Schwierigkeiten keine schlechte Stimmung aufkommen, sodass bis zur Ankunft stets die gewohnte gute Freeridefactory-Laune im Auto zu spüren war.